Nicht dumm!

Wenn man mal eine gewisse Zeit unseren Job macht, dann fängt man unweigerlich an, seine Stammkunden - und dazu zähle ich auch die, die nur 2 x pro Monat fahren - zu kategorisieren. Eine der Kategorien ist, wie sollte es anders sein, das Trinkgeld.

Und das geht so: die Zentrale vergibt über den Funk den Auftrag. Das Gehirn sucht sofort und - bei den meisten - unglaublich schnell, eine Erinnerung an diesen Namen und diese Adresse. Ist eine Erinnerung gefunden, geht´s in die Tiefe. Nett oder unfreundlich? Weite Fahrt oder nur im Ort? Spendabel oder sparsam? Macht das Gehirn hinter dem vorletztem oder letztem Punkt einen Haken, verziehen sich in Bruchteilen von Sekunden die Gesichtsmuskeln: zu einem Lächeln oder zu einer Grimasse.

Manche Kollegen neigen sogar dazu, ihre Freude oder ihrer Enttäuschen auch akkustisch Luft zu verschaffen. Das bekommen dann alle mit, wenn Kollege X beim Bestätigen ein "Jahaa.." oder ein "Jaaaa...--((" von sich gibt.

Ein solchen "Jaaa..."-Kunden hatte ich heute Vormittag. Der Auftrag "erreichte" mich, als ich in Wentorf auf dem Parkplatz eines Supermarkts stand. Ort war bekannt und der Kunde auch. Ich stufte ihn für mich selbst als "10-Cent-Kunde" ein. Warum, darüber kann sich jeder seine eigenen Gedanken machen. Als ich schon los fahren wollte, hielt mich ein Mann mittleren Alters durch heftikes Gestikulieren auf.

  • "Sind sie frei? Können Sie mich nach Reinbek fahren?"


Leider musste ich ihn erst einmal enttäuschen. Allerdings wusste ich auch das Kunde X aus dem nahegelegenen B. auch nach Reinbek wollte. Ich schlug also meinem beförderungswilligen Aufhalter (nennen wir ihn Herr Y.) vor, er möge doch ein paar Minuten warten und ich würde ihm mitsamt Herrn X. aus B. aufnehmen, falls dieser einverstanden sei. Sie könnten sich dann das Fahrgeld bis Reinbek teilen.

Der Vorschlag fand Zustimmung und auch Herr X. war von der Idee angetan, als ich hin 5 Minuten später abholte. Weitere 5 Minuten später saß auch Herr Y. im Auto, weil unser Weg nach Reinbek sowieso an ihm vorbei führte. Kein Umweg, alle haben gewonnen.

Besonders ans Gewinnen dachte wohl auch Herr X. aus B. die ganze Zeit. Da beide als Ziel das Reinbeker Krankenhaus angegeben hatten, stellte sich die Abrechnung als simpel heraus. Der Fahrpreis von 13,10 € war an sich schlecht teilbar, deshalb erwartete ich von beiden ein Aufrunden und brüderliches teilen durch 2.

Weit gefehlt. Herr Y., hinten sitzend, reichte mir 10,- € über die Schulter und brummte:

  • "Stimmt schon so, hätte alleine ja auch 10,- € bezahlt."


Stimmte eben nicht, es wäre für ihn billiger gewesen, da das Taxameter ja bereits bei Herrn X. eingeschaltet wurde. Aber egal. Nun war Herr X. an der Reihe. Er fixierte das Taxameter, wechselte zu dem eben ausgehändigten 10er und wieder zurück auf das Taxameter.

Dann gab er mir auch 10,- € und ich wollte schon innerlich eine Flasche Sekt aufmachen. Aber, aber, nicht so schnell, meinte wohl Herr X. Er gab mir seinen 10er und meinte:

  • "Hmm, will er nichts zurück haben? Gut, dann geben Sie mir 5,- € wieder..!"


Dieser schlaue Fuchs! Er nutzte die Großzügigkeit des Mitfahrers aus, um selbst ordentlich Geld zu sparen! Meine Jubelstimmung schmolz zwar schneller dahin, als ein Schneemann im Regen, aber die verbliebenen 1,90 € für mich waren immer noch angemessen, keine Frage.

Was lernen wir daraus? Unterschätze niemals die Schlauheit deiner Fahrgäste..--))!

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