Veweigerung

Schon oft erwähnt habe ich ja diese Sprünge zwischen Frust und Freude im Taxigewerbe erwähnt. Einen solchen erlebte ich gestern wieder und dieses Mal habe ich für mich eine Konsequenz daraus gezogen.

Es begann vorgestern Abend, als meine Kollegin aus der Zentrale mich noch gegen 21.30 Uhr anrief und mir für den kommenden Morgen die Auswahl zwischen einer Tour vom östlich von Hamburg gelegenen Escheburg zum Flughafen oder einer "Bus"tour (Mercedes Vito) von Wentorf zum Hauptbahnhof ließ. Meine Entscheidung traf ich aufgrund der unterschiedlichen Anfangszeiten. Von Escheburg sollte es schon um 5.00 Uhr los gehen, von Wentorf erst um 5.45 Uhr. Natürlich entschied ich mich für die Bustour, denn 45 Minuten mehr Schlaf sind ein Argument, oder?

Um 5.30 Uhr übernahm ich den Vito und war schon 5.35 Uhr drüben in Wentorf. Nebenbei noch das Frühstücksbrot ausgepackt, denn ich rechnete noch mit 5 - 10 Minuten Wartezeit. Die wollte ich nutzen. Aber - Pustekuchen. Sie standen schon am Straßenrand, wie aufgereiht: 6 Personen mit 6 großen und 2 kleineren Koffern. Das Brot verschwand im Handschuhfach. Der Magen mußte warten.

Gut gelaunt begrüßte ich die 6, die wiederum ebenfalls schon in guter, weil Urlaubsstimmung waren. Die Koffer hatten richtig Gewicht und ich mußte gut schichten, um alles zu verstauen. Am Ende war der Bus bis unters Dach voll. Die Fahrt dauerte erwartungsgemäß nur 30 Minuten, weil noch kein Verkehr herrschte. Sie unterhielten sich hinter mir leise, ich wurde - zum Glück - nicht mit einbezogen. Man muß ja nicht immer mit den Fahrgästen klönen. Schon gar nicht um diese Zeit.

Am Hauptbahnhof, Eingang Glockengießerwall, entließ ich die Gruppe zuerst und wuchtete dann die große Anzahl an Koffern wieder heraus. Ganz vorsichtig, nicht auf den Boden fallen lassen, das würde keinen guten Eindruck machen. Alle standen herum und am Ende dann von mir die Frage:

  • "So, wer übernimmt von Ihnen das Bezahlen?"
Der jüngste im Bunde reichte mir einen 50er. Der Festpreis betrug 45,- € und ich erwartete eigentlich von ihm eine Ansage, wieviel er zurück haben möchte. Es kam nichts. Er - und auch die anderen - blickten mich wie Schafe an und sagten nichts, bzw. machten sich schon auf den Weg zum Eingang. Es sah wie eine kleine Flucht aus. Und das war´s wohl auch. Denn eine Ansage kam nicht. Also gab ich ihm leise mit den Zähnen knirschend eine 5er zurück. Ein "Danke" konnte ich mir ohne Mühe verkneifen. 
In mir kam Frust hoch. Ich war extra wegen dieser Gruppe um kurz nach 4 Uhr aufgestanden, war überpünktlich und freundlich gewesen, hatte mehr als 100 kg Koffer hinein und wieder hinaus gewuchtet und hatte dann das Gefühl, ich sei hier ehrenamtlich tätig - nämlich für lau!?

Eine Minute später rief ich in der Zentrale an und bat meine Kollegin, mich sofort von der Liste der "Busfahrer" zu streichen. Davon gibt es bei uns nämlich nur eine Hand voll, also nicht jeder darf den Vito bewegen. Und ich WILL ihn jetzt nicht mehr bewegen. 
Denn das war in wenigen Wochen die 4. Bustour, die viel Zeit und Muskelkraft gekostet hat - und NICHTS eingebracht hat. In dieser Zeit hätte ich gut und gerne ein paar nette Omis zum Arzt oder Einkaufen fahren können. Die alten Damen wissen nämlich Freundlichkeit, Pünktlichkeit und Hilfsbereitschaft zu schätzen. 

Beim gegenüber vom Bahnhof liegenden "Schanzenbäcker" spülte ich meinen Ärger erst mal mit einem großen Pott Kaffee herunter. 

Anschließend sollte ich noch einen "Japaner" in Altona abholen. Eigentlich unter uns Fahrern auch nicht der beliebteste Job, aber vom Hauptbahnhof nach Altona ist es nur ein - zeitlicher - Katzensprung und Herr T. war ein überaus freundlicher Mann. Wir unterhielten uns auf der 40-minütigen Fahrt nach Bergedorf außerordentlich gut und ich konnte die Reisegruppe von vorhin darüber vergessen. Am Ende verabschiedete sich Herr T. sogar noch per Handschlag und ein paar freundlichen Worten über mein - wie er es sah - sehr gutes Englisch..--)). Er könne das beurteilen, denn er habe jahrelang in den USA gelebt. 

Na, er wird schon wissen, wovon er spricht..--))

Im Nachgang bin ich anschließen noch in die Zentrale und habe meinem Rest-Frust nochmals Luft gemacht, während ich mein Stammauto übernahm. Die Funkerin hatte vollstes Verständnis dafür. Das Beste aber war, daß die Tür zum Chefbüro weit offen stand und ich meine Lautstärke nicht absenkte, sodaß mein Chef ohne Zweifel auch "informiert" war..

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