Dinosaurier!

Eigentlich war´s nichts Spannendes, die vom-Arzt-nach-Hause-Tour einer alten Dame am heutigen Nachmittag. Hatte ich auch nicht erwartet. Aber Kurzfahrten sind oft - trinkgeldbezogen - lukrativ. Noch unterwegs schnell eine frei gegebene Tour über Funk aufschnappen, 3 Minuten später vor der Tür stehen, die alte Dame einsteigen lassen und gut 750 m weiter vor der Haustür wieder absetzen. Ja, kein Scherz. Weiter war´s nicht.
O.k., das Taxameter zeigte 3,80 Uhr und - nun kommt das lukrative - in den meisten Fällen schämen sich manche Fahrgäste beinahe, daß sie kurz nur gefahren sind. Also runden sie großzügig auf 5,- €.

Die "Omi" war wohl vom geringen Fahrpreis überrascht.
  • "Huch, nur so wenig? Ich hatte 5,- € erwartet..!"
  • "Kein Thema, ich nehme gerne auch 5,- €, da bin ich nicht so...--))" meinte ich scherzhaft.
Großes Gelächter bei Omi. Großes Gelächter bei mir. So ein Spaß.
  • "Na dann, machen Sie 4,- €!"
Das Lachen in meinem Hals erstarb. Die Nackenhaare sträubten sich. Es war, als hätte man mir gerade einen großen Eimer kaltes Wasser über den Kopf gekippt.
  • "Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!" meinte sie fröhlich beim Aussteigen.
  • "Wiedersehen." 
Zweisilbiger ging´s nicht mehr. Tja, manchmal denke ich, es gibt doch einen Gott. Der macht sich ab und an einen riesen Spaß daraus, übermütiger Taxifahrer zu ärgern..--))

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Es gibt sie doch noch! Die Dinosauerier!! Ja, wirklich. Nur, daß sie heute, im Gegensatz zu vor gut 70 Millionen Jahren, nicht mehr so groß sind. Nein, sie sind kleiner geworden und älter auch. Mein Dino kurz vor Ende der Schicht war gut 1,65 m klein und schon gute 75 - 80 Jahre alt. Ein Fortschritt der Entwicklung? Nun, körperlich vielleicht. Wendiger und leichter ist ja manchmal von Vorteil.
Aber der Verstand, der hat in den letzten Millionen Jahren deutlich gelitten, denke ich. Das glaubt man nicht?

Der Dino, Entschuldigung.., die alten Dame aus Reinbek stieg zur bestellten Uhrzeit ins Auto und äußerte den Wunsch, zu einem der Seniorenwohnheime gebracht zu werden. Es entwickelte sich zuerst kein Gespräch. Also begann ich, über das bevorstehende Weihnachtsfest und den Winter zu "sinnieren". Wir kamen auf Jahreszeiten und den Wechsel von Farben und Temperarturen. Jaaa, gääähn, ich weiß, aber was sollte ich anderes sagen? Ich hasse peinliches Schweigen.
Wir stellten fest, daß wir beide schon einmal in Südafrika waren. Ich in den Neunzigern, sie in den Achtzigern.
  • "In den Achtzigern wäre ICH nicht dorthin gereist. Wegen der Apartheid." meinte ich.
  • "Mmmhh..."
  • "Obwohl ich zugeben muß, daß es für Sie als Weiße damals sicher recht angenehm gewesen sein muß, oder?"
  • "Davon können Sie ausgehen, junger Mann. Und die meisten Ne... äh, Schwarzen wünschen sich doch heute diese Zeit wieder zurück."
??? Mein Gesicht mußte aussehen wie ein einziges, großes Fragezeichen.
  • "Wir kommen Sie darauf?"
  • "Weil heute doch aus den ganzen angrenzenden "Neger-Staaten" so viele ins Land kommen und Arbeit suchen." 
Dieses Wort "Neger" sagt normalerweise niemand in meiner Anwesenheit unwidersprochen. Aber sie redete weiter.
  • "Und so schlecht hatten es die Neger und Mischlinge ja nun auch nicht."
  • "Nun, äh, ich denke, wegen seiner Hautfarbe diskriminiert zu werden ist wohl die schlechteste Situation, unter der man leben möchte, oder?"
  • "Na ja, sie mussten in anderen Bussen fahren, als die Weißen, aber das war auch gut so!"
  • "Wieso???"
  • "Weil die Neger es einfach mit der Sauberkeit nicht so genau nehmen und stark riechen."
Ich kam mir mal wieder vor, wie bei "Versteckte Kamera". Das konnte im 2. Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts doch nicht wirklich jemand vollen Ernstes von sich geben, oder?
Sie war nicht zu stoppen. Erst mal.
  • "Wenn mir in Johannesburg so ein Schwarzer oder Mischling entgegen kam, ist immer sofort ein Floh von ihm zu mir übergesprungen..!"
Ich war kurz davor, sie vor die Tür zu setzen. Mit allen Konsequenzen. War mir egal. Aber in diesem Moment erreichten wir den Parkplatz vom Seniorenheim und ich erwidert nichts mehr.
  • "8,40 €, bitte!"
  • "Und eine Quittung hätte ich gern."
Am liebsten hätte ich sie ausgestellt und mit den Worten "Hier, bitte, auf rein WEISSEM Papier..!" ihr gegeben
Stattdessen hielt ich den Mund. Und Trinkgeld gab´s auch keins. Schade. Denn DAS hätte ich mit Sicherheit abgelehnt.

Rassistengeld nehme ich nicht. Das stinkt.

Kommentare

  1. Und wie das stinkt!
    Schade das heute noch solche Äußerungen propagiert werden.


    Lese deinen Blog mit viel Interesse und Spaß. Weiter so!

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