Mein Auto, mein Garten, mein Pool...

Stammkunden zu fahren ist im Allgemeinen etwas sehr angenehmes, da man mit der Zeit eine Art Vertrauensverhältnis aufbaut und manchmal auch privates austauscht, bzw. mitbekommt. So ging´s mir auch mit einer älteren Kundin, deren Mann für ein paar Wochen im Barmbeker Krankenhaus lag. Sie ließ sich von uns täglich (!) von Reinbek ins Krankenhaus fahren, was jedes Mal gut 30,- € pro Strecke für sie bedeutete.
Wie ich aus den Gesprächen heraus hörte, spielte das keine Rolle, denn ihr Mann freute sich über ihre Besuche und schließlich seien sie ja schon 60 Jahre verheiratet. Das ist Liebe!

Vor gut 2 Wochen konnte sie den Gatten endlich aus dem Krankenhaus nach Hause holen. Es ging ihm, trotz seiner 91 Jahre, wieder recht gut. Am Freitagnachmittag holte ich sie in der Bank ab. Im Auto sitzend, erinnerte sie sich an mich. Ja, ich hätte sie schon des Öfteren gefahren...

  • "Richtig, Sie haben doch nun endlich Ihren Mann aus dem Krankenhaus holen dürfen. Wie geht es ihm denn?"
Der Blick wurde leicht trüb und ich ahnte in diesem Moment, was kam:
  • "Er ist inzwischen leider gestorben... Von Sonntag auf Montag."
Weiter kam sie erstmal nicht, denn die Stimme versagte ihr. Ich fand zum Glück wohl die richtigen Worte auf dem Weg zu ihrem Haus, denn zum Schluß lächelte sie schon wieder. Trotzdem - richtig wohl fühlte ich mich auf der Fahrt nicht unbedingt. Mit dem Tod umgehen, das muß man immer wieder lernen.

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Mit gewissen Verhaltensweisen von Fahrgästen umgehen, das ist aber ebenso wichtig. Nämlich mit den unverschämten Bemerkungen, die manche von sich geben.

Mittwochmorgen, gegen 6.30 Uhr. Ich holte einen Kunden ab, um ihn zum Flughafen zu bringen. Aus irgendeinem Grund hatte ich vorher mein Wechselgeld nicht kontrolliert, daher fiel mir zu spät auf, daß ich a) zu wenig Kleingeld und b) nur noch einen 20er und einen 50er dabei hatte. Wenn der Kunde nun also die 38,- € Festpreis zum Flughafen selbst mit einem 50er zahlen wollte, könnte es knapp werden und peinlich für mich.
Langes Drumrumreden bringt nichts, daher fragte ich ihn, wie er bezahlen wolle.
  • "Ich habe einen 50er-Schein..."
Bravo! Volltreffer zur Morgenstunde! Ich erklärte ich kurz mein Problem.
  • "Sie können es mir auch in klein geben. Ich möchte 8,- € zurück haben."
Hmm.. 4,- € Trinkgeld? Klang gut. An einer Ampel zählte ich schnell meine Münzen. Es passte! Was mir allerdings die ganze Fahrt über nicht passte, war der leicht arrogante Ton in seiner Stimme. Er erfüllte jegliches Klischée über leitende Angestellte: Anfang 50, gegeltes Haar, dunkler Anzug, passende Krawatte und diesen Chef-Ton, den er an den Tag legte.
Egal. Er war ja nicht MEIN Chef.

Am Flughafen die übliche Abschiedsprozedur.
  • " Benötigen Sie eine Quittung?"
  • "Selbstverständlich. Wie gesagt, ich möchte 8,- € zurück haben und wenn Sie rechnen können, wissen Sie ja, welchen Betrag Sie auf die Quittung schreiben müssen...!"
Mir riß innerlich die Hutschnur! Nicht genug, daß er o.g. Klischée auch erfüllte, nein, er setzte auch einen drauf mit dieser mehr als herablassenden Bemerkung!

Aber - cool bleiben, dachte ich mir. Ich sah ihn kurz über den Rückspiegel an, wartete 1 Sekunde und bemerkte nur trocken:
  • "Ich kann rechnen. Auch wenn es Sie vielleicht überrascht."
Er stieg aus, ich atmete tief durch - und holte mir erst mal einen großen Kaffee..--))

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Wer erinnert sich noch an die Sparkassen-Werbung "Mein Auto, mein Garten, mein Pool..!"? Ich jedenfalls wurde von einer Kundin am Mittwoch daran erinnert und machte das Spielchen mit einem inneren Lächeln mit.

Sie ließ sich von mir in Altona abholen und begann sofort, von ihrer Krankheit und ihrer "Angewohnheit" zu reden: sie müsse nach einer 2-stündigen Sauerstoff-Therapie ihren Kreislauf wieder in Schwung bringen. Daher solle ich doch bitte beim Lidl auf der Reeperbahn abhalten, sie hole sich nur schnell etwas zu trinken. Das sei schon eine Art "Ritual" während der letzten Wochen geworden.

Sie brauchte nur 3 Minuten und kam mit einer Dose billigen "Frizzante"- Sekt zurück. Lidl-Eigenmarke, wie mir schien. Widerlich. Ich sah sie mir kurz von der Seite etwas genauer an: breites Gesicht, nicht ganz schlanker Oberkörper - aber extrem dünne Beine. Das klare Erscheinungsbild einer Alkoholikerin. Der Sekt machte das Bild nur noch rund und der "Kreislauf, der wieder hoch" gebracht werden sollte, war nur der Vorwand.

Sie begann erst Andeutungen zu ihrer Therapie und ihrer OP zu machen, ohne jedoch ins Detail zu gehen. Sie formulierte so, daß ich zum Nachfragen gebracht werden sollte, kurz: Interesse an ihr und ihrer Krankheit zeigen. Aber ich spielte nicht mit. Ihre (2.) Krankheit interessierte mich nicht. Schon von Berufs wegen, denn wenn ich mich für jedes Krankheitsbild meiner Fahrgäste interessieren würde...

Als das nicht zog, fing sie von ihren Reisen an. Von 2 - 3 Mal im Jahr Urlaub machen, usw. usw... Das war natürlich für mich, als ehemaligen Angestellten in der Luftfahrtbranche, ein Thema, bei dem ich mitreden konnte. Zuerst hielt ich mich noch zurück, aber als die Ausführungen immer prahlerischer wurden, stieg ich ein...--)
Sie erzählte gerade von ihrem "..extrem erholsamen.." Türkei-Urlaub, den sie sich 2 x pro Jahr "..gönnt..". So ging´s los. Ich fuhr den ersten Konter:
  • "Also MEIN erholsamster Urlaub war Hawaii 1992..! Drei Wochen Rundreise mit Mietwagen und Hubschrauberflug."
Sie sah mich kurz an, schwieg 1 Sekunde und legte nach:
  • "Ach ja, USA war ich auch schon. Wir sind 3 Wochen mit dem Wagen von L.A. über San Diego..." usw., usw...
Mein linke Augenbraue zuckte, dann meinte ich ruhig und gelassen:
  • "Drei Wochen? Lohnt sich ja kaum. Wir waren 6 Wochen mit eigenen Motorrädern drüben. L.A., Grand Canyon, Las Vegas, San Francisco, Highway No. 1...!"
Dieses Mal dauerte die Pause und der Seitenblick 2 Sekunden. Es folgten von ihr Schilderungen von Türkei und Urlaub auf den Kanaren, ich hielt mit Mauritius, Singapur und Südafrika dagegen. Getreu der alten Werbung: "Mein Auto, mein Garten, mein Pool!" - "MEIN Haus, MEIN Pool, MEIN Auto"

Selten hatte ich bei einer Unterhaltung mit einem Kunden soviel innerlichen Spaß..--)).





Kommentare

  1. Ach komm, das ist doch unangebracht - hast du es echt nötig, dir mit ner Alkoholkranken so ein "immer 2x mehr wie du!" Ding an zu tun? Lass sie doch prahlen, du weißt es doch besser! ;-)

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    1. Natürlich weiß ich es besser - aber hat ungemein Spaß gemacht..--))!

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  2. Als Taxi-Fahrer hat kann man schon seinen Spaß haben :)

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