Naive Hühner

Stammkunden sind ja irgendwie nett. Mit der Zeit entwickeln sich beinahe persönliche "Beziehungen", bzw. Vertrautheiten. Vor allem ändert sich bei dem einen oder anderen auch die Art und Weise, wie man miteinander spricht. Ganz besonders bei älteren Kunden.
Gestern gab´s gleich 2 solcher verbalen, sagen wir, "Abweichungen" von der Norm. Die eine Kundin, eine alte Dame in den 80ern und nach eigenen Angaben aus Österreich stammend, ließ sich vom Einkaufen abholen.
  • "Sind Sie für mich?" fragte sie
  • "Ich bin NUR für SIE da..--)!"
Sie lachte und stieg ein.
  • "I hab´ gar net g´wusst, daß DU so a Spinner bist..--)!" meinte sie dann in stark alpenländisch eingfärbtem Akzent, den sie sonst nie benutzte.
Ich war kurz verduzt, dann gab ich trocken zurück:
  • "Das wissen viele nicht!"
DU und SPINNER? Sie muß mich inzwischen gut einschätzen können, daß sie solche Begriffe - wenn auch spontan - gegenüber ihrem Taxifahrer verwendet..--).

Ich fand´s jedenfalls lustig.

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Immer wieder wundere ich mich über eine gewissen Naivität mancher Fahrgäste. Und das betrifft nicht nur Frauen, wie im folgenden Fall, sondern auch Männer. Naiv in Bezug auf Verkehrsituationen in Verbindung mit Wochentagen und Tageszeit.

Die Firma L. aus HH-Allermöhe rief an und bat uns, ein Taxi für 2 Kundinnen zu schicken. Es sollte "..Richtung Flughafen.." gehen. Wenn einen solch´ ein Auftrag um 14 Uhr, Freitagnachmittag, am Taxistand erwischt, wünscht man sich, man wäre nicht der erste in der Reihenfolge.

Aber ich WAR der Erste. Und so ließ ich den Benz erst mal in Ruhe Richtung Allermöhe blubbern. Das würde nun sowieso länger dauern und pünktlichen Feierabend gab´s somit auch nicht. Ich fuhr bei L. auf den Hof und sah 2 Frauen mit Gepäck dort warten. Eine dunkelhaarig, die andere blond. Etwa in meinem Alter. Sie stiegen ein und gaben mir als Fahrtziel eine Straße nahe des Flughafens an.
Welch´ ein Spaß! Vom Südosten quer durch die Stadt und die Autobahn, die die Strecke verkürzt hätte, war Richtung Lübeck dicht. Also schlug ich mich erst einmal über Nebenstraßen Richtung Hammerbrook. Die Gegend ist sehr ländlich und überall stehen Pferde und Kühe. Wie sich herausstellen sollte, brachte ich nun auch noch die "Hühner" mit. Zweibeinige, leicht naive Hühner.
  • "Das ist aber ländlich hier..!?" meinte die dunkle.
  • "Ha,ha, sicher sind wir gleich in Lüneburg...ha,ha..!" gackerte die Blonde
  • "Die Autobahn ist dicht, deshalb muß ich mit Ihnen ein wenig querfeldein fahren. Keine Sorge, wir machen keine Stadtrundfahrt!" versuchte ich die Route zu erklären.
Kurze Zeit später überquerten wir die Autobahn und beide konnten sich von der Richtigkeit meiner Aussage überzeugen. Dann war erst mal Ruhe. Die beiden unterhielten sich über ihren Job.
Bevor ich bei Billstedt von der Liebigstraße kommend auf die B5 abbiegen konnte, staute sich an einer Ampel der Verkehr.
Nach 3 Ampelphasen wurden die Hühne wieder unruhig.
  • "Gaaanz schön viel los, hä,hä,hää..!"
  • "Ist nur die Ampel, keine Sorge."
Nachdem wir auf der B5 waren lief es eigentlich recht glatt. Ich vermied es, über den Ring 2 zu fahren, da wir 1. dann von der falschen Seite gekommen wären und ich umständlich irgendwo hätte wenden müssen und 2. dieser zum Berufsverkehr ziemlich dicht war. Also wählte ich die Variante über den Winterhuder Markplatz. (Anm.: laut Google ist meine Variante zwar 2 km länger, aber..). Die folgenden 30 Minuten ging´s recht zügig voran, von ein paar roten Ampeln mal abgesehen.

Die Beiden sahen das wohl anders. Die Blonde zog ihr Handy raus und rief am Zielort an.
  • "Hä,hä, ja, also das wird wohl etwas länger dauern, wir stehen im Stau..!"
Stau? Welcher Stau? War eine rote Ampel für sie schon ein Stau? Kurz darauf die Dunkle am Telefon:
  • "Ja, also, man kann sagen, wir stehen jetzt hier permanent im Stau!"
Die beiden fingen an mich zu nerven und zu amüsieren - gleichzeitig. Bei der "Mundsburg" war wieder Blondie dran:
  • "Äh, ja, wie lange wird´s denn noch dauern?"
  • "Ungefähr 15 Minuten."
Eine Weile war Ruhe. Dann, ca. 1 km vorm Ziel raufte sich Blondchen die Haare.
  • "Oh, Mann, das dauert ja gefühlt doppelt so lange, wie heute Morgen."
  • "Wir haben Freitagnachmittag. Da ist es in jeder Stadt sehr dicht." versuchte ich ihr nun nochmals klar zu machen.
Mit welcher Vorstellung hatten die Beiden denn ein Taxi bestellt? Glaubten sie wirklich, wir würden die gut 20 km in 10 Minuten hinter uns bringen? So, als wären wir die Einzigen auf der Straße? Lebten sie sonst irgendwo hinter Glas?

Um dem unausgesprochenen Verdacht zuvor zu kommen, meinte ich:
  • "Ich habe dasselbe Interesse wie Sie, schnell anzukommen. Am Umsatz bin ich nicht beteiligt, deshalb würde es auch keinen Sinn machen, Sie auf Umwegen zum Ziel zu bringen."
  • "Nein, nein, nein, das denken wir doch gar nicht.."
Nein. Natürlich nicht.

Um 15.30 Uhr fuhren wir vor. Ziemlich genervt und leicht unter Zeitdruck bezahlten sie. Das Trinkgeld fiel entsprechend gering aus. Ich hatte mir auch nichts vorgemacht, was das angeht.

Zurück fuhr ich über den Ring 2, der - in Richtung Süden - relativ frei war. In Richtung Norden, fuhr man Stoßstange an Stoßstange. Wir ich vermutet hatte.

Das werden die beiden Hühner aber nie erfahren.

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