Sportlich, sportlich...

Wo ist sie hin, die Begeisterung im Team? Der Einsatzwille und die sich anhäufenden Überstunden, weil man teilweise kaum nachkam, mit dem Abarbeiten von Aufträgen?

Ich weiß es nicht. Seit Wochen dümpelt das Geschäft vor sich hin. Mittlerweile möchte ich schätzen, daß gut 60% unserer Aufträge Rechnungsfahrten für Kranke sind.

Kein Scherz.

Die anderen 50% setzen sich zum Großteil aus Orts- und Kurztouren mit der "Generation 75+" incl. dem Transport von Rollstühlen und Rollatoren zusammen.

Auch kein Scherz.

Nur noch ein kleiner Teil unserer Aufträge hat die Qualität, die wir eigentlich haben wollen: mal über die Stadtgrenze hinaus in Bereiche von Hamburg, in die man selten kommt. Oder aber mal nach Kiel, nach Lübeck oder aber - wie im letzten Jahr - nach Leipzig!?
Wir wollen wieder Touren fahren, bei denen man sich den Wolf sucht, weil die verdammte Adresse erst nicht zu finden ist! Wir wollen das Gefühl wieder haben, mit unserer Erfahrung und Engagement auch knifflige Aufträge erledigen zu können, weil wir Profis sind!

Nichts von alle dem passiert derzeit auf der Reinbeker Taxibühne. 

Dafür nehmen die o.g. Krankenfahrt überhand. Mein Kollege Norbert meinte heute morgen ganz nachdenklich, als 2 Sanitäter ein mobiles Krankenbett aus dem Notarztwagen zogen:

  • "Ob man so ein Bett nicht auch in meinem Touran montieren kann? Bei der Menge an Krankenfahrten, die wir momentan haben, würde sich das doch anbieten, oder..?"

Mittlerweile klappen wir alle Rollatoren oder auch Rollstühle schneller zusammen, als wir eine Zahnpastatube auf- oder zudrehen..--((.
Die Übung macht´s eben.

Apropos Rollstühle. Dazu fällt mir dann doch noch eine ganz lustige Begebenheit ein:

Wir haben ein sehr altes Ehepaar als Stammkunden. Beide sind - nach eigenen Angaben - über 95 Jahre alt. Jeder für sich, nicht zusammen..--)).
Vorigen Donnerstag waren sie mal wieder zum Essen in Wentorf, zusammen mit ihrer Betreuuerin. Frau N. ist stark gehbehindert und braucht permanent Hilfe.
Sie hatten wohl schon bezahlt und ein Taxi bestellt. Als ich ankam, standen sie gerade auf. Der Weg zum Auto beträgt gut 50 - 70 Meter und das braucht seine Zeit, bis sie dort ankommen.

Da mich zeitgleich ein menschliches Bedürfnis plagte und die Örtlichkeit im Lokal natürlich vorhanden war, entschied ich ganz schnell.

  • "Entschuldigung, wo bitte sind hier die Toiletten?" fragte ich den Kellner. 

Er zeigte auf die Treppe zum Keller und ich folgte ihr, während Familie N. sich schon auf den Weg zum Auto machte. DAS war mal ein sportliche Herausforderung! Ich musste natürlich wieder am Taxi sein, wenn die 3 dort ankamen. Stammkunden lässt man doch nicht warten, oder?

Also, Treppe hinunter, die korrekte geschlechtsspezifische Tür gefunden, hinein, alles erledigen, Hände waschen, Treppe hinauf hechten. 
Ich nahm zum Auto einen anderen Weg als Familie N. und bog um die Ecke, als Frau N. im Rollstuhl mit ihrer Betreuuerin noch gut 2 Meter vom Wagen entfernt waren. Schnell griff ich in die Hosentasche, fand zum Glück den Autoschlüssel und drückte zuerst auf die Entriegelung und dann - als Sahnehäubchen - auf den Kofferraum-Knopf. 

Der Kofferraum sprang auf, ich verlangsamte auf der Stelle meinen Schritt und tat, als ob ich gleichzeitig mit ihnen das Lokal verlassen hätte. 

Sie hatten nichts bemerkt!

Beim nächsten Mal nehme ich noch Kamm und Nassrasierer mit..--)). 

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