Heiter bis wolkig

Besondere Touren der unterschiedlichsten Art gab´s gestern.

Gegen Mittag bestellte eine Stammkundin, 70+ und gehbehindert, ein Taxi für eine Einkaufsfahrt. Frau K. aus Wentorf ist mir natürlich gut bekannt, auch wenn es andere Kollegen gibt, die sie gern und noch öfter fahren.
Man kann sich mit ihr über alles nett unterhalten und so fuhren wir nach Bergedorf, zum Wochenmarkt in der Chrysanderstraße.

Zuvor hatte ich vor ihrem Haus ihre ganzen Utensilien in den Kofferraum geladen: Rollator, Korb, Stock und Taschen zum Einkaufen.
Vor dem Wochenmarkt lud ich alles wieder aus und sie bat mich zu warten, es würde wohl 30 Minuten dauern.
Ziemlich genau nach 30 Minuten kam sie zurück. Ich sah sie schon im Rückspiegel, sprang aus dem Auto, öffnete den Kofferraum und lud alles vorher genannte wieder ein. Zusätzlich noch 3 schwere Taschen mit Einkäufen.

Zurück nach Wentorf. Unterwegs bat sie mich schon, ob ich ihr nicht die schweren Taschen vor die Wohnungstür stellen könne. Natürlich! Keine Frage. Allerdings war ich ab diesem Zeitpunkt darauf gespannt, wie Frau K. denn diese Zusatzleistung "honorieren" würde?!

Ich lud aus und trug Rollator, Korb und Taschen in den 2. Stock ihres Wohnhauses. Sie folgte langsam und als ich wieder unten ankam, stand sie vor der Tür.

  • "Ach, herrje... Ich habe vergessen Ihnen zu sagen, daß der Rollator hier unten im Treppenhaus bleibt!"
Macht doch nichts...--(((!!! Ich laufe gerne nochmals 2 Stockwerke rauf und runter, nur - nun sollte auch das Honorar stimmen. Dienstleistung ist Dienstleistung, oder? 
Als ich den (verdammten) Rollator wieder unten hatte, ging´s ans zahlen. 
  • "Das wären dann 35,10 €, bitte."
Sie gab mir zwei 20,- € - Scheine und meinte:
  • "Geben Sie mir bitte 3,- € wieder."
Ich verzichte jetzt darauf zu schildern, was in meinem Kopf vorging. Jeder kann es sich denken. Nur soviel: es war DER Zeitpunkt, an dem ich wusste, daß es Zeit ist zu gehen

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Es gab dann auch noch das Kontrastprogramm. 

Die Abholadresse lag ebenfalls in Wentorf, nur die Kundin war ein wenig "anders"..--)). Als ich vor der Adresse anhielt, öffnete sich schon die Tür. Eine junge Frau, Ende 20, blond, schlank, Kostüm mit sehr kurzem Rock und schönen Beinen kam heraus... 

Sofort fiel mir ein permanent hormongesteuerter Kollege ein. Für ihn wäre diese Tour zur Tortour geworden..-). Für gewöhnlich setzen sich Frauen im allgemeinen und jüngere Frauen im besonderen nach hinten. Diese jedoch nicht. Sie öffnete sofort vorne die Tür und der Einsteigevorgang war für jeden richtig gepolten Mann ein Erlebnis:

Da der Rock eng und kurz war, versuchte sie den Drahtseilakt. Zuerst das linke Bein in den Fußraum, dann schob sie ihren Hintern vorsichtig nach, gleichzeitig zog sie mit der linken Hand den Rock stramm, damit dieser nicht durch die Spannung nach oben rutschte. Es gelang. Sie hatte wohl Übung darin. Das Lächeln, das ich in meinem Gesicht bildete, hatte ich schnell wieder im Griff. 

Und weil ich auch Übung hatte, war die Vermeidung des Blickes auf ihre Beine ein Kinderspiel. 

So offen und locker, wie sie ins Taxi eingestiegen war, entwickelte sich auch ein interessantes Gespräch zwischen uns. Sie arbeitete für eine Unternehmensberatung im Personalbereich und eher wir die Themen richtig durch hatten, bog ich auch schon in die Flughafenstraße ein. 

Frau K. aus Wentorf war vergessen. Zumindest in meinem Kurzzeitgedächtnis. 

Alles in allem ein heiterer bis wolkiger Arbeitstag. 

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Kommentare

  1. Es ist wirklich gut, dass du mit dem Job aufhörst...

    30 Minuten bezahlte Wartezeit und dann rummeckern.

    Aber wenn eine junge Dame im Mini kommt, ist das natürlich viel besser, als das etwas dünne Trinkgeld von der Omi.

    Also manchmal...siehe erster Satz.

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    1. Lieber Kollege "Morphium", manchmal habe ich das Gefühl, du konsumierst zuviel von der Substanz, nach der du dich benennst. Denn wer meine Blogs mit klarem Verstand liest weiß, wie bei uns in der Firma bezahlt wird und was es letztendlich ankommt. Nicht der Umsatz ist entscheidend, sondern die Anzahl der Touren und damit verbunden die Trinkgelder, die wir durch unsere erbrachte Dienstleistung uns erarbeiten.
      Eine Einkaufstour wie die oben beschriebene ist im Grunde genommen für uns Fahrer ein Draufzahlgeschäft, wenn am Ende nicht adäquat Trinkgeld herein kommt. Leider. Denn während ich "..30 Minuten bezahlte Wartezeit.." hatte, fuhren die Kollegen eine Tour nach der anderen. Die Mehrheit hatte in der gleichen Zeit, in der ich ganze 1,90 € für Schleppen und freundliche Kommunikation erwirtschaftet habe, gut das 1,5 fache bekommen. Deshalb auch mein Frust, aber nicht hauptsächlich. Noch mehr ärgert mich, dass Dienstleistung leider immer weniger bezahlt, aber immer mehr in Anspruch genommen wird.

      Bei dir habe ich das Gefühl, daß du dir nur die Beiträge heraus pickst, an denen du deine oft unpassende Kritik los werden kannst. Darauf würde ich in Zukunft gerne verzichten.

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    2. Du scheinst meine Kritik wirklich zu verstehen.

      Aber du kannst auf die Kritik ja sogar verzichten, da du ja bald nicht mehr fährst.

      Deine Beiträge sind aber erst seit kurzem so negativ, kann es sein, dass du die Lust am Job verloren hast und das nun irgendwie auf deine Kunden "abwälzt?". Deshalb hast du dir ja vermutlich auch was neues gesucht.

      Viel Spaß im neuen Job jedenfalls!

      morphium

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    3. Es gibt mehrere Gründe, warum ich mir einen neuen Job gesucht habe:

      1. Ich hatte bei meinem Weggang von meiner alten Firma nie vor, bis
      zur Rente Taxi zu fahren, außer ich hätte mich selbständig machen
      können, was sich aber als utopisch herausstellte.
      2. Das Vergütungssystem in Reinbek ist demotivierend, weil es den
      "bestraft, der sich für jeden Auftrag meldet. Wer schlau ist,
      taucht bei bestimmten Touren weg (kein Bargeld - kein Trinkgeld -
      kein Mehrverdienst).

      Eben diese "Jagd nach dem Trinkgeld" ermüdet und frustriert. Es führt dazu, daß jeder, der eine Chance hat, geht. Und ich werde nicht der Letzte sein.
      Das Taxifahren ist einer der interessantesten Jobs, die es gibt und ich werde mit hoffentlich viel Spaß weiterhin nebenberuflich fahren. Aber es macht - so wie wir derzeit arbeiten und bezahlt werden - nur Spaß, wenn man nicht davon leben muss.

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