Fußnägel

Manche Tage fangen schon so merkwürdig an, daß man Angst haben muß, sie würden sich so weiter entwickeln.

War aber dann doch nicht so.

Ich fuhr gegen 5.30 Uhr durch den Sachsenwald zur Arbeit. An der Kreuzung nach Aumühle rollte ich, wie immer, langsam über Haltestrich. Es kommt sowieso nie einer um diese Zeit. Trotzdem sah ich nach links, rollte langsam an, sah nach rechts. Hups! Da tauchte wie aus dem Nichts ein Radfahrer von rechts in meinem Schweinwerferlicht auf. In voller Trekking-Montour: Helm, Hemd, kurze Hose, enstprechende Schuhe und natürlich ein Trekking-Rad.
Sofort hielt ich an und er machte einen kleinen, nervösen Schlenker, fuhr aber dann ohne zu bremsen, an der Front meines Autos vorbei.

Drohend hob er die Hand.

  • "Du Arschloch! Du Drecksau! Du Hurensohn! Du Schweeiinn..!" rief er, während er weiter fuhr. 
Ich war zu perplex, um was zu erwidern. Was hätte es auch sein können? Jemand, der morgens in der Dunkelheit durch die Wälder holzt und nichts als solche Begriffe von sich geben kann, hat sowieso ein Loch im Hut, oder? 
Lustig wäre es bestimmt gewesen, wenn er 1 Stunde sich zu mir ins Taxi gesetzt hätte..--))

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Kurzer Sprung zurück zum gestrigen Montag. Nachdem ich einen älteren Stammkunden mit fürchterlichem Mundgeruch zum Arzt gefahren hatte, musste ich das Auto erst mal gut durchlüften. Mir wird nicht schnell schlecht, aber bei diesem Fahrgast war ich kurz davor. Grauenvoll. 
Was folgte, war das Kontrastprogramm: ich durfte meinen absoluten Lieblingskunden zum Hauptbahnhof fahren. 
Wir haben uns, wie eigentlich immer, intensiv und gut unterhalten und während der Fahrt bat ich ihn - aus Gründen, die ich in den nächsten Tagen noch erläutern werde - um ein Foto:


Das mache ich im Grund gar nicht gern, weil´s jeder macht. Aber - wie erwähnt - es gibt Gründe..-). In den kommenden Tagen. 

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Wieder zurück in der Gegenwart, bzw. zum heutigen Tag. 

Am Ladenzentrum stieg ein älterer Herr zu. Sein Gesicht glänzte und war rot. Alkohol? Nein, er roch nicht. 
  • "Zum Bethesda-Krankenhaus, bitte, ich muß zum Diabetiker-Arzt Dr....XY"
Alles klar. Kein Alkohol, sondern Zucker. 

Er fing sofort das Schwafeln an. Von seiner Freude, daß ich so pünktlich war, warum er zum Arzt musste, daß er sich nun als Rentner gerne mal ein Taxi leiste, usw. usw...
  • "Dort muß ich alle 3 Monate hin. Und manchmal muß ich auch nach Bergedorf, um mir die Fußnägel schneiden zu lassen."
DAS war ja interessant..--(! Gut. Die Story war durch, dachte ich. Mitnichten! Offenbar war sein Blutzucker derart durcheinander, daß er anfing, die Geschichte von vorne zu erzählen. Und das tat er auf der 10-Minuten-Fahrt glatte 3 Mal! 

Zum Schluß hingen mir seine Zehnägel zu den Ohren raus!!!  Hoffentlich erscheinen mir seine (ungeschnittenen) Fußnägel heute Nacht nicht im Traum!

Kommentare

  1. hatte heute früh eine ähnliche situation. will in eine kleine nebenstraße rechterhand abbiegen. der radfahrerstreifen ist diverser parkender kfz wegen kaum bis nicht einsehbar, also schleiche ich in einem tempo unterhalb des schritttempos heran, schaue mich um wie man sich nur unsehen kann. und sehe einen radler heranbrausen (respekt!) - schnell auf die bremse getippt bzw. jene durchgetreten. puh. was macht der radler, der ungehindert und ohne abzubremsen durchbrausen kann? beschimpft mich als hurensohn, ballt die faust und rast weiter.
    häh? irgendwas habe ich nicht verstanden? was soll sowas?
    der typ hat sich blind auf sein verkehrsrecht verlassen. ohne zu antizipieren oder gar zu raffen, dass diese t-kreuzung nunmal ein potentieller gefahrenschwerpunkt ist. ellbogenmentalität, die leider viel zu oft nach hinten losgeht.
    p.s.: bin selbst begeisterter, jedoch mit anderen verkehrteilnehmern kooperierender undauch mal zurücksteckender verkehrsteilnehmer.

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