Schlechte Erziehung

Entgegen meinen Erwartungen stellten sich die "Schülerfahrten" als durchaus angenehmer Teil meiner Arbeit heraus. Derzeit sind es insgesamt 6 Schüler aus zwei sehr abgelegenen Höfen, die morgens zur Schule und nachmittags zurück gefahren werden.
Die erste Gruppe nenne ich die "Stillen" - ein Zwillingspäarchen (Junge und Mädchen) und ein weiterer Junge. Die zweite Gruppe, das sind die "Lebhaften". Alles Geschwister.

Aus der "Lebhaften"-Gruppe sticht der Junge neben seinen 2 Schwestern besonders hervor. Ich nennen ihn mal Kevin... Als ich sie alle zum ersten Mal abholte, war´s sehr ruhig im Auto. Wahrscheinlich hatten sie mich alle im Visier. Mal sehen, wie "er" so ist, der Neue..
Schon auf der 2. Fahrt ließ Kevin jede Zurückhaltung fallen. Er redete drauf los, erzählte von seinen schlechten Noten, den Strafarbeiten, die ihm seine Klassenlehrerin aufgebrummt hatte und so weiter.
Am 3. Tag war er mittags alleine. Die anderen hatten später Schluß und so fuhr ich los, als er saß. Noch nicht ganz sicher, auf welchen der beiden Höfe er wohnt, fragte ich nach.


  • "Hey, du weißt doch wo ich wohne, also FAHR LOS..!" blaffte er von hinten in mein Ohr.
Ich dachte, ich hätte mich verhört! Aber dem war nicht so und ich wusste auch, daß ich ihm hier und jetzt sofort eine Grenze ziehen musste, sonst tanzt er mir zukünftig auf der Nase herum. 

  • "Junger Mann, DIESEN Ton gewöhnst du dir SOFORT ab, sonst hast ein ganz schnell ein Problem!"
Ups! Das saß wohl. Etwas kleinlaut kam es von hinten:

  • "Wieso?"
Ich sah ihn nur kurz an, dann war Ruhe. Er hatte verstanden. Zwei Tage später die gleich Situation. Kevin hatte früher Schulschluß als die anderen und ich fuhr mit ihm alleine los. Er erzählte mir von seinen Hausaufgaben und als ich nachfragte, warum er dieses oder jenes schreiben müsse, kam von ihm:

  • "Hey, denk´doch EINMAL logisch nach, Mann..!"
Ich faltete ihn noch in der gleichen Sekunde (verbal) zusammen und machte ihm klar, wenn ich eine Frage stelle, möchte ich eine Antwort und keine dummen Bemerkungen, wie er es vielleicht von Zuhause gewohnt war. Dann war wieder Ruhe. Kurz darauf murmelte er vor sich hin und ich verstand klar und deutlich
  • "Mann, du bist auch so´n Spacko...!"
  • "Wie bitte?"
  • "Nix."
  • "Ich denke, du wirst deinen Heimweg gleich zu Fuß antreten, wenn ich so etwas nochmals höre, mein Freund!"
Wieder Ruhe. Bis Zuhause. Er verabschiedete sich ganz freundlich und wurde von seiner Mutter in Empfang genommen. Wahrscheinlich war er froh, daß ich unsere "Unterhaltung" nicht ihr gegenüber erwähnte. 

Aber - was nicht ist, kann ja noch kommen!

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