Projekt Hamburg

So schnell kann´s gehen im Taxigewerbe... Nach nur 2 gefahrenen Schichten in Ratzeburg bin sich seit heute wieder in Reinbek. Wie das? Nun, nachdem dieser Blog öffenlich ist, werde ich nicht auf Details eingehen. Nur soviel: viele Steine eines Mosaiks haben sich sehr schnell zu einem Bild zusammen gesetzt und mich zu der Erkenntnis gebracht, daß meine berufliche Zukunft nicht in dieser schönen Stadt im Nordosten liegt.
Wie gesagt, seit heute Morgen bin ich wieder in der alten Firma, deren Chef mich dankenswerterweise ohne Zögern wieder "aufgenommen" hat. Nun will ich im November das "Projekt Hamburg", sprich: dem Taxischein für die Hansestadt, zu Ende bringen. So, wie es ursprünglich geplant war.
Auch mein zukünftiger Arbeitgeber Norbert hat mich nochmals ermutigt, den "Trip" durch die Ortskundeprüfung anzugehen. Also los!!Animoticon

Die beiden Arbeitstage in Ratzeburg waren nach meiner Auffassung derart ereignislos, daß es darüber nichts Erwähnenswertes zu schreiben gibt.
Auch der Tag in Reinbek war nicht der Knüller, aber das Wetter war traumhaft und mit den Kollegen gab´s schon wieder eine Menge Spaß. Was will man mehr?

Zwei Highlights gab´s dann aber doch. Da war zuerst die alte Dame, die ein Taxi in eine mir wohlbekannte Straße bestellte. Es sei die Hausnummer 32, wurde mir über Funk mitgeteilt. In der Straße eingetroffen begann die Suche. Ich konnte bis Nr. 26 alle Häuser finden. Aber wo zum Teufel war die 32??? Nebenbei bemerkt - in den Städten werden die Hausnummern von der Ortsmitte weg auf der rechten Seite mit den geraden und auf der linken Seite mit den ungeraden Zahlen versehen.
So auch in Reinbek. Daher war jeder Zweifel ausgeschlossen, ich war auf der richtigen Seite. Meine Zentrale war hier leider keine Hilfe, denn sie konnte nur das wiedergeben, was bestellt war. Aber - aufgeben gibt´s nicht. Da wächst der Ehrgeiz beim "Kutscher" (noch reizvoller ist natürlich das Suchen in der Nacht..--)), ist doch klar.
Es konnte sich hier nur um eine Art Zahlendreher handeln, dachte ich, und fuhr die Straße zurück. Da - weit hinten stand eine ältere Dame und fuchtelte mit ihrem Stock. Wieso stand sich auf der "falschen" Seite?? Als ich ausstieg, ihre Tasche und den Stock verstaute, wurde mir alles klar. Ich konnte nur noch den Kopf schütteln. Die ältere Frau hatte angerufen und ein Taxi für die "...Hausnummer so um die 31, 32, 33..." bestellt!!! Sie hätte nicht daran gedacht, daß die geraden Zahlen ja auf der anderen Seite waren. Sie wollte der Kollegin "..ungefähr.." sagen, wo sie stehe. Die Entfernung zwischen der "31" und der - theoretischen - "32" waren aber gut 300 Meter...--))Verwirrtes Smiley Macht doch nichts...!

Stunden später. Ein Dialysepatient sollte abgeholt werden. Die übliche Vorgehensweise, hinfahren, aufnehmen, wegfahren, sollte aber dieses Mal nicht funktionieren.
Als ich ankam, war der Vorplatz leer. Also stellte ich mich mit dem Wagen rechts vom Eingang unter einen Baum. Gut sichtbar. Nach 1 Minute kam ein Mann heraus. Da ich den Kunden nicht kannte, nur seinen Namen, vertraute ich darauf, daß er wohl auf mein Auto zukäme. Schließlich war ich als Taxi gut erkennbar. Der eben erwähnte Mann blieb aber stehen. Er war´s also nicht. Nach 5 Minuten gesellte sich eine zweiter hinzu. Immer noch war ich das einzige Taxi und immer noch blickte der erste Mann ab und an in meine Richtung. Sie fingen an zu lästern, daß die Taxen immer zu spät kamen. Das hörte ich, weil ich das Fenster offen hatte.

Gut 10 Minuten vergingen, dann war meine Geduld zu Ende. Wenn´s von den Beiden keiner war, mußte er wohl noch oben sein. Hinauf, durchgefragt, von einer Abteilung zur anderen geschickt, bekam ich am Schluß den Hinweis, der besagter Patient ja "..schon längst draußen.." sei. Aha. Ich sprach den einzigen noch verbliebenen Mann draußen an und musste feststellen, daß dieser DOCH mein Fahrgast war. Er hatte mich zwar gesehen, aber nichts gesagt. Darauf angesprochen fing er an, mich zu beschimpfen. Es sei eine Unverschämtheit, daß ICH ihn nicht angesprochen habe, es sei MEINE Aufgabe auf IHN zuzugehen und nicht umgekehrt, usw, usw. Mittlerweile im Auto platzte mir der Kragen. Ich wieß ihn deutlich darauf hin, daß er mich fast 10 Minuten ignoriert hatte, obwohl ich das einzige Taxi weit und breit gewesen sei. Das brachte in noch weiter in Rage. Und mich auch. Ich wurde laut und machte ihm sehr deutlich, daß ich nicht gewillt war, mich von ihm beschimpfen zu lassen und daß ich sein Fahrer und nicht seine FUSSMATTE sei, auf der man herum trampeln konnte!!!
Er schluckte und kam mir auf die "Ich-werde-mich-beschweren"-Tour und ich sei als Taxifahrer doch verpflichtet, höflich zu sein.
Darauf hin meinte ich nur, ich würde mich dem Niveau und der Höflichkeitsebene meiner Fahrgäste anpassen...!

Den Rest der Fahrt schwiegen wir. Als er ausstieg, wünschte er mir in einem ruhigen und höflichen Ton sogar noch einen "..schönen Tag..!" Offenbar hat er die Zeit zum Nachdenken genutzt.
Kaum alleine im Auto, rief ich meinen Chef an, damit er - falls der Kunde sich beschwerte - die Geschichte schon kannte. Und zwar von mir. Aktion ist immer besser als Reaktion. Ich bekam vom Chef natürlich den Rücken gestärkt. Angerufen hat der Kunde offenbar aber nicht mehr.

Manche Fahrgäste vergessen oft, daß die Zeit der Sklaverei vorbei ist. Der Fahrer ist nicht mehr verpflichtet, eine Bückling zu machen und sich alles gefallen zu lassen. Taxifahren ist ein Geschäft auf Augenhöhe. Einer zahlt, einer gibt die Leistung.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das "Zweite Kissen"

Kajalstifte und flotte Autos

Flatrate im Rotlichtmilieu