In einem Taxi nach... Hannover!

Es war die erste "Ü30-Party" in Reinbek nach der 3-monatigen Sommerpause. DAS Ereignis für alle Nachtschwärmer, einsame Herzen oder einfach nur Saufbrüder. Es findet von Oktober bis Juni alle 4 Wochen statt, vornehmlich zum Monatsende, bzw. - anfang, damit die Gäste auch genügend Geld zum Ausgeben haben.

Genaugenommen habe ich dieses "Ereignis" praktisch gar nicht miterlebt, obwohl ich Schicht hatte. Aber der Reihe nach.

Es begann bereits um 14.45 Uhr damit, daß meine Zentrale mich Zuhause anrief und bat, daß ich früher als geplant (19.00 Uhr) anfing. Es sei nur noch ein Taxi im Ort verfügbar, usw. O.k., ich machte mich fertig und fuhr los, so daß ich 1 Stunde später schon den Schlüssel und das Auto übernahm. Wie sich aber heraus stellte, war von Mangel plötzlich keine Spur mehr zu finden. Wir standen mit 4 Autos am Stand und klönten über den kommenden Abend. Toll. Die 3 Stunden wäre ich lieber Zuhause gewesen und hätte sie dafür am Ende noch dran gehängt. So aber hatte ich schon angekündigt, daß ich nach 12 Stunden ("Lenkzeit") Feierabend machen würde.

In den kommenden Stunden sammelte sich - wie erwartet - eine breite Pallette menschlicher Eigenschaften in meinem Auto aus. Zuerst eine Omi, die ihren Bus verpasst hatte und mir schon vom Straßenrand aus zuwinkte, als ich besetzt vorbei fuhr. Da ich ja kein Unmensch bin, drehte ich, nachdem der Fahrgast ausgestiegen war, und fuhr zum "Omi" zurück. Es stellte sich heraus, daß sie ihren Bus verpasst, aber um 17.00 Uhr eine Verabredung im Restaurant hatte. Sie hat sich sehr gefreut und kam mit nur 5 Minuten Verspätung doch noch bei ihrem "Date" an..--)).

Nach und nach fanden sich noch ein schweigendes Ehepaar, ein hektischer Vater eines kranken Jungen, lärmende Kneipengäste und zu gute Letzt noch ein recht schüchternes Mädchen bei mir im Auto ein. Letzteres, gut 20 Jahre jung, ließ sich ins benachbarte Wentorf kutschieren. Sie sagte während der 4-minütigen Fahrt nichts, bis wir in ihre Straße einbogen. Dort meinte sie: "..Fahren Sie bitte bis 5,- €..!" Bitte? Eine solche Ortsangabe war mir bisher noch nicht unter gekommen, ich verstand aber dann doch was sie meinte, als ich auf das Taxameter sah. Dieses stand bei 4,80 €. Exakt bei 5,00 € musste ich stoppen. Sie stieg aus und verschwand in der Dunkelheit. Warum tun sich Mädchen so etwas an? Hätte sie gesagt, sie habe nur noch 5,- €, hätte ich sie die letzten 200 m auch ohne Uhr gefahren. Aber daß sie allein der Nacht verschwand.. Nun, ich konnte es nicht mehr verhindern, aber ich habe dabei immer ein mulmiges Gefühl.

Um 00:30 Uhr kam dann der Höhepunkt der Nacht. Dieses Mal erhielt ich den Auftrag per Telefon, nicht per Funk, weil die Konkurrenzfirma in Reinbek unseren Funk abhört (ist zwar illegal, aber wen stört´s?) und sich schon des Öfteren offensichtlich lukrative Aufträge abgegriffen hat. Ich sollte Fahrgäste von Hamburg-Bergedorf zum Flughafen Hannover fahren! Uff.. Im Prinzip eine nette Fahrt, besonders wenn man am Umsatz beteiligt wäre. Sind wir aber in Reinbek leider nicht. Dazu kommt noch, daß die große Party im Gange war und nach Mitternacht das Geschäft brummt. Mit dem entsprechenden Trinkgeld. Meistens.

Konnte ich die Tour ablehnen? Nein. Also los. Familie abgeholt, Gepäck eingeladen, zur Sicherheit das Navi eingestellt (war aber nicht nötig, außer daß es mir Informationen über die Restdauer der Fahrt gab) und zügig auf die Autobahn. Schon nach gut 5 Minuten erstarb das Eröffnungsgespräch und die ganze Famlilie legte die Köpfe zurück und begann zu schlafen. Schön für sie. Ich machte das Beste aus der Situation und ließ den Tempomaten des "Touran" bei gut 150 km/h einrasten, nachdem wir die Grenze zu Niedersachsen überquert hatten und - vorerst - jegliches Tempolimit aufgehoben war. Der VW lief wie an der Schnur gezogen über die 3-spurige Autobahn gen Hannover-Langenhagen. Insgesamt lagen 150 km vor mir und laut Navi sollte ich die Strecke in 1:30 Stunde zurück gelegt haben. Mangels Verkehr und anderen Hindernissen bogen wir nach 1 Stunde 15 Minuten vor dem Terminal C in Hannover ein. Die Fahrgäste waren kurz vorher aufgewacht. Entgegen meinen Erwartungen war ich überhaupt nicht müde geworden. Gleich noch ein Beweisfoto geschossen (siehe unten..--)) und zurück auf die Autobahn.

Der Rückweg gestaltet sich als ähnlich kurzweilig. Um 3.15 Uhr verließ ich in Hamburg wieder die Piste. Schnell die Tankstelle anfahren, der Treibstoffvorrat neigte sich nämlich bedrohlich dem Ende entgegen, und dann - Schichtende. Auf torkelnde Partygäste oder Kneipenleichen hatte ich nun keine Lust mehr.

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