Den Haken zu früh gesetzt

Es begann so gemütlich... dieser Arbeitstag. Schon um 6.15 Uhr saßen wir, auf die ersten Touren (für die Frühschicht) wartend, zu viert im Taxi eines Kollegen. Zwei hatten schon Kaffee, einer gab „Giottos“ in die Runde und wir tauschten die neuesten Begebenheiten aus. Da funkte uns im wahrsten Sinne die Zentrale dazwischen.

Einer nach dem anderen durfte sich wieder in seinen Wagen verziehen und – arbeiten. Mich „traf“ es mit einer Bustour (Mercedes „Vito“).

Zuerst eine Dame vom angrenzenden Hamburger Stadtteil in die Nähe der Innenstadt. Nachdem sie sich fertig gewundert hat, daß ich mit so einem „..großen Wagen..“ ankam, ließ ich den Diesel gemütlich Richtung Hamburg-Downton ziehen. Natürlich war der Vito nicht für sie aktiviert worden, sondern für die Anschlußtour aus der Stadt nach Reinbek.

Im „Motel One“, im Steindamm, warteten angeblich 8 Damen auf mich. Hu,hu... War da nicht im Koran etwas mit 99 Jungfr.... , ach, lassen wir das. Nachdem ich wie ein Blöder im Steindamm nach eine Wendemöglichkeit ohne Strafmandat gesucht und anschließend den gesamten Häuserkomplex einmal umkreist hatte, um dann endlich am Motel One anzukommen, waren aus den 8 Damen nur noch 4 geblieben. Klassische Fehlplanung, bzw. Fehlinformation vom Auftraggeber, einer Textilfirma.

Im Prinzip war´s mir einerlei. Ob 8 oder 4 Fahrgäste im Auto, ich musste mich sowieso auf die Straßen konzentrieren.

So gegen 9.15 Uhr bestellt mich die Funkerin erneut in die Zentrale, um mir Papiere für meine nächste Tour mitzugeben. Doch davor sollte ich noch einen Stammkunden nach HH-Eppendorf bringen. Und wer meinen Artikel „Wunschkonzert!?“ gelesen hat, weiß, was nun auf mich zukam. Egal. Jeder muß mal „dran glauben“. Wäre da nicht die erneute Folge-Tour gewesen, ich hätte ja noch ein Aute zugedrückt: Abholung einer Kundin am Flughafen und zu einer uns gut bekannten Adresse im Nachbarort bringen. Natürlich auf Rechnung.

Warum ich das alles so erwähne? Ganz einfach. Bis auf die erste Tour mit dem Vito in die Innenstadt, waren alle folgenden sog. „Rechnungsfahrten“, das heißt, der Kunde im Auto zahlt nicht – also lässt er in 95% der Fälle keinen Obolus für seinen Taxifahrer im Wagen.. Somit stand mir also ein ziemlich dürrer Tag bevor. Ich setzte schon den Haken dahinter.

Und das war eine Fehleinschätzung. Es begann mit der Dame am Flughafen, die – vorsichtig formuliert – ein „bunter Vogel“ war. Sehr freundlich, sehr höflich, um die 60, aber auch recht anstrengend.

  • Sind SIE mein Taxi?“


Kannte ich nicht die Formulierung irgendwo her?

  • Ich brauche jetzt erst mal eine Apotheke..!“

  • Gern. Gut 50 m weiter auf der rechten Seite...“

  • Nein, nein, junger Mann, bleiben Sie bei mir. Ich habe Zahnschmerzen..!“


Nun, auf den Zahn fühlen wollte ich ihr sowieso nicht. Aber wenn sie eine Stütze in ihrem Schmerz braucht – bitte. So gingen wir, ich den Wagen mit Koffern schiebend, zur Apotheke. Anschließend konnte sie sich wohl wieder auf profanere Dinge konzentrieren.

  • ..Sie müssen mich u-n-b-e-d-i-n-g-t in die Stadt bringen. Zum Neuen Wall.“

  • Äh, ich dachte, Sie möchten nach XX-dorf..?“

  • ..Ja, ja, später, aber ich habe noch einige Dinge zu erledigen. Könnten Sie vielleicht im Anschluß mein Gepäck nach XX-dorf bringen?“

  • Natürlich. Kein Problem.“


Ich mußte ihr noch versprechen, die Gepäckanhänger der Airline abzumachen, die konnte sie nicht leiden. Wie wichtig...--))

Während der Fahrt telefonierte sie mit Frankreich, der Schweiz und ihrer Bekannten in XX-dorf. Es wurde ein Friseurtermin organisiert, der „Lunch“ mit dem Anwalt, der Friseurtermin wieder storniert, verlegt und anschließend der Tisch für das Essen reserviert. Ach ja, nach den neuesten Golf-Resultaten aus der Heimat erkundigte sie sich bei ihrer Sekretärin in Frankreich.

Alles in allem war es aber eine angenehme und abwechslungsreiche Fahrt mit ihr, die sie – und nun kommt´s – mit einer kleinen finanziellen Aufmerksamkeit an mich abschloss. Na, trotz Rechnungsfahrt ein Trinkgeld? Und, was soll ich meckern? Als ich ihre Koffer in XX-dorf ablieferte, gab´s dort auch noch mal einen Nachschlag. Läuft doch.

Es wäre nun zuviel des Guten, den Rest des Tages noch ausführlich zu schildern. Nur soviel – ich habe wieder jede Menge freundliche und teilweise interessante Menschen befördert. Der Haken war zu früh gesetzt worden..--))





Kommentare

  1. Also das mit den 99 Jungfrauen können wir erst mal steckenlassen, denn was man nicht selbst nachgeprüft hat, ist unglaubwürdig. Des weiteren kann ich vom Organisationstalent bei Firmenausflügen ebenfalls ein Lied singen. Mir ist es allerdings nicht egal, ob 8 oder 4 Leute(Jungfrauen?) im Wagen sind, denn wenn ich den Zuschlag erhebe, besch...ummle ich sie, wenn nicht - dann mich!
    Ansonsten ist es immer wieder schön, wenn einem Menschen begreiflich machen, was wirklich wichtig ist im Leben: Zahnschmerzen, Friseurtermine, Kofferanhänger...
    Also dann - Marco - schönen Dienst noch!

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  2. Das mit dem Zuschlag war in diesem irrelevant. Es war ein Festpreis für den Bus vereinbart. Ansonsten gäbe ich dir natürlich Recht.

    Tja, man muß eben Prioritäten setzen, bei Dingen, die im Leben wichtig sind. Ich hätte die Dame gerne wieder abgeholt, es wäre interessant geworden. Aber leider hatte ich gerade Schichtende, als sie anrief.

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