Wunschkonzert?!

Kaum hatte ich am Dienstag darüber geklagt, daß es zu ruhig ist und ich meine - beinahe - täglichen Flughafentouren vermisse - da wird man von oberster Stelle schon erhört!

Es war gleich am Mittwochmorgen, gegen 7.00 Uhr, als ich nach  endlich mal wieder frühmorgens Hamburg-Fuhlsbüttel ansteuern durfte. Und nicht nur das. Meine Zentrale hatte sogar noch eine Rücktour um 8.45 Uhr für mich in "Angebot". Wow! Für mich bedeute das, ich hatte zwischen Absetzen des ersten Fahrgastes und Aufnehmen der Rücktour-Gäste genug Zeit für einen großen Pott Kaffee. So gefiel mir der Tag schon sehr. Den Pott Kaffee im Auto, platzierte ich mich nahe der Terminals und wartete bei Musik und Koffein auf die Ankömmlinge.

Ich war noch keine 15 Minuten zurück in Reinbek, da erwischte es mich schon wieder. Flughafen! Nun, so langsam fuhr ich die Strecke im Schlaf, auch wenn ich mich bemühte, eine Alternativroute anstelle der Standardstrecke über den Ring 2 zu nehmen. Bevor hier Proteste kommen: es waren in allen 3 Fällen Festpreise vereinbart. Die Kunden hatten keinen Nachteil durch meine Streckenspielerei.

Wenn ich gestern Abend schon der Meinung war, dies sei der Höhepunkt der Woche gewesen, so wurde ich heute eines Besseren belehrt. Es begann gleich mit einer Tour in die Innenstadt, zum Marienkrankenhaus. Nettes älteres Paar, dankbar dafür, daß ich auf dem Gelände Ihnen das richtige Gebäude suchte und sie nicht am Haupteingang einfach stehen ließ.

Auch die schöne Stadt Lauenburg an der Elbe stand heute auf meinem Besuchsprogramm. Zeitaufwand gut 30 Minuten und mehr als 50,- € auf der Uhr. So lässt sich´s arbeiten. Mittags dann das Sahnehäubchen auf meinem Schichtzettel. Von Witzhave, gut 30 km östlich von Hamburg, sollte es zum Flughafen gehen. Schöne Fahrt von gut 35 Minuten, viel Autobahn, wenig Stress. Und meistens nette Fahrgäste. Oftmals Briten. Nur dieses Mal war es eine junge Deutsche, gut 30 Jahre alt und - vorsichtig formuliert - sehr hübsch. Man muß kein Chauvi sein, um sich über eine solchen Tour zu freuen. Ich öffnete die Beifahrertür, um ihr die Entscheidung über den Sitzplatz zu erleichtern. Sie blickte mich kurz an und stieg ein. Offenbar hatte ich den "Gesichts-Check" bestanden. Frauen machen das öfter. Besteht man ihn nicht, steigen sie hinten ein. Ist mir aber noch nie passiert..--)).

Wir stellten schnell fest, daß wir beide Rheinländer sind und es entspann sich eine nette Unterhaltung, in deren Verlauf ich ihr noch kulinarische Empfehlungen zum Thema "Essen am Flughafen" geben konnte. Sie bedankte sich mit einem mehr als ausreichenden Trinkgeld...--))

Bei allen erfreulichen Begebenheiten auf den heutigen Touren gab es allerdings auch noch etwas anderes, das mich zum Schmunzeln brachte.

Es gibt Touren, die fährt keiner gerne. Nicht wegen der Fahrgäste, sondern aus rein wirtschaftlichen Gründen. Eine solche wird bei uns mehrfach pro Woche "vergeben" und wer sie bekommt, hat schon verloren.. Warum? Dazu muß man wissen, daß wir in Reinbek nicht am Umsatz beteiligt sind, sondern Festgehalt und Trinkgeld bekommen. Letzteres wird hauptsächlich dadurch erreicht, möglichst viele Fahrten und möglichst kurzer Zeit zu haben. Die erwähnte Tour, auf deren Einzelheiten ich hier aber nicht eingehen möchte, ist eine "Rechnungsfahrt", bei der kein Bargeld, also auch kein Trinkgeld fliesst. Sie ist jedoch zeitintensiv, gut 2 Stunden ist man hierfür unterwegs. Zeit, in der die Kollegen "Zuhause" Geld verdienen, man selbst aber außen vor bleibt.

Heute war´s wieder soweit. Der Taxistand war leer, d.h. die Kollegen waren alle unterwegs, und so suchte die Zentrale über Funk einen Freiwilligen, der im Anschluß an die aktuelle Fahrt, diese Tour übernehmen konnte. Was folgte war - Totenstille am Funk. Niemand meldete sich. So, als ob alle plötzlich im Funkschatten stünden oder zur Toilette ausgestiegen seien. Null. Gar nichts. Die Funkerin konnte einem leid tun, aber sie kennt das Problem schon. Als sie zwischendurch noch für eine 2. Tour einen freien Fahrer suchte, griff ich zu. Damit war ich für die "Looser"-Tour aus dem Spiel. Dann, endlich, ein langgedienter Kollege erbarmte sich, nahm an und kurz darauf waren - Simsalabim - die anderen Kollegen auch wieder auffindbar..--)) Ein böses Spiel, aber das kommt davon, wenn man Taxifahrer nicht mehr auf Umsatzbasis arbeiten lässt. Wäre das noch der Fall - die Kollegin hätte kaum ausgesprochen, schon wäre die Tour vergeben gewesen. Denn wer lässt schon gerne 40 - 45 € Umsatz sausen? Aber so..?!

Kommentare

  1. Hi Marko,

    wenn du gerne ohne festgehalt arbeiten willst dann komm nach Hamburg und verdiene 5 euro netto pro stunde...:-)

    grüss Bernard Taxifahrer..

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  2. Hallo Bernhard,
    ich lehne das Festgehalt nicht grundlegend ab, bin aber der Ansicht, daß eine Umsatzbeteiligung die Motivation noch steigern würden. Aber das ist sicher ein Thema, über das man lange streiten könnte.
    Es gibt viel jedoch Gründe, die noch wichtiger sind als 50 Cent oder 1 Euro mehr Bezahlung pro Stunde - Kollegialität, Teamgeist und gute Arbeitsatmosphäre. Und die habe ich in noch keiner Taxifirma als so gut erlebt, wie in meiner jetzigen.

    Mich würde aber interessieren, wo DU arbeitest. Schreib´ mir doch mal eine private Email.

    Marco

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  3. Ich kann mir schon vorstellen, dass die Kollegialität unter den Taxifahrern bei einem Stundenlohn besser ist. Auch die Kunden würden hoffentlich besser bedient weil die ja wieder zurückkommen sollen (werden). Voraussetzung dafür wäre aber eine eigene Vermittlungszentrale. Bei uns in München gibt es nicht einen Taxibetrieb der auf Stundenlohnbasis abrechnet.

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  4. Ja, ich weiß. Allerdings gab´s in den 90ern noch bis zu 60%! Denke, das ist heute auch anders, oder? Wir in Reinbek haben eine Zentrale für unsere 18 (?) Autos. Das ist sicher ein kleiner Luxus, aber so gehören auch die Funkerinnen mit zur "Familie".
    Möglicherweise werden auch die Kunden besser bedient, weil nun nicht jeder seine Enttäuschung über ein kurze Fahrt verbergen muss. Im Gegenteil, kurze Fahrten = mehr Fahrten = unter Umständen mehr Trinkgeld. Es hat alles seine Vor- und Nachteile.

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