Der Eindruck täuscht

Würde man mich fragen, wie ich denn die vergangene Arbeitswoche einschätze - meine spontane Antwort wäre "..Nicht so gut..". So zeigt sich, daß wir negative Eindrücke weitaus besser speichern, als positive. Aber wenn ich richtig nachdenke, habe ich eigentlich eine gute, unterhaltsame und interessante Woche hinter mir.

Da waren, zum Beispiel, die beiden Kunden (Typ: Geschäftsreisende), die durch meine Routenwahl zum Flughafen am Montag, bzw. Dienstag, erstaunt und durchaus positiv beeindruckt waren. Jedenfalls kam es durch ihre Äußerungen so ´rüber. Weniger durch ihr Trinkgeld, aber das steht auf einem anderen Blatt.

Was noch? Nun, der skurrilste Fall war ein Päarchen, welches sich am Reinbeker Krankenhaus abholen ließ und "nur" zur S-Bahn wollte. Gut, das kommt vor. Aber die beiden fielen schon beim Einsteigen auf. Ihre 3 Schritte, die sie auf mein Auto zugingen, waren extrem unsicher. Das Gesicht der Kundin glänzte so stark, daß es mir sogar aus der Entfernung auffiel und ihre tiefen Furchen im Gesicht -  jeder Bauer wäre froh, wenn er mit seinem Gerät die Felder derart umpflügen könnte..--)) Wie auch immer, sie stiegen beide (!) von der rechten Seite ein. Dabei blieb sie mit ihren Beinen am Kardantunnel hängen, fiel mit der Kopf beinahe an die linke, hintere Scheibe, konnte sich aber gerade noch fangen. Meine trockene Bemerkung:

  • "..Das Auto hat auch eine linke Tür.."


ignorierte sie. Oder hörte sie gar nicht. Ihr Freund, südländischer Typ mit dünnem Zopf, stammelte etwas ähnliches, bevor er sich auf den rechten Sitz fallen ließ. Irgendetwas stimmte nicht mit den beiden.

  • "..Wir wolllllen nnnuurrr zur Sss-Bahn.."

  • "Kein Problem." meinte ich und fuhr los.


Während der Fahrt gab´s zwischen zwei Knutsch-Runden auf der Rückbank einen kleinen Dialog.

  • "Hier in Reinbek war ich schon öfters..." meinte sie.

  • "Wie offft..?"

  • "Na, öfters.."

  • "Wie oft ist öfters?"

  • "Na, fünf oder sechs Mal bestimmt"

  • "Das ist doch nicht oft."

  • "Doch, schließlich ist Reinbek doch soooo abgelegen, da ist das schon öfters.."


(Kleine Anmerkung: Reinbek liegt an der Stadtgrenze zu Hamburg, in die Innenstadt sind es gut 20 Fahrminuten)

Am Bahnhof das gleiche Spiel beim Aussteigen. Beide steigen rechts aus, sie verhakt sich wieder am Kardantunnel. Ich spare mir eine Bermerkung. Bringt sowieso nichts. Nur, dieses Mal hatten wir Puplikum. Meine Kollegen am Taxistand..--)). Ich hörte plötzlich ein Gelächter und Gefeixe. Sie erzählten mir anschließend, das Bild sei zu komisch gewesen, als "sie" aus dem Auto sich quälte.. Tja, der Humor ist eben etwas derber. Einer der Kollegen kannte das Paar. Es handelte sich offenbar um Drogenabhängige, die regelmäßig ihr Methadon (?) als Ersatz im Krankenhaus bekamen. JETZT wusste ich auch, was an den beiden nicht stimmte. Ich hatte an starke Medikamente gedacht, aber Drogen kam auch hin.

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Einen etwas merkwürdigen Eindruck machte auch eine ältere Dame auf mich, als sie am Donnerstag ins Taxi einstieg. Sie sprach so merkwürdig, ich verstand aber, daß wir ihre Tochter in Bergedorf noch abholen wollen und dann weiter zum Flughafen fahren. Unterwegs erzählte sie mir dann, etwas gepresst sprechend, daß sie Tabeletten gegen die Flugangst eigenommen hätte. Alles klar. In Bergedorf stieg ihre Tochter zu. Im Grunde ganz hübsch, Mitte 30, aber sie hatte - ebenso wie ihre Mutter - die unnahbare Ausstrahlung einer Eisenstange. Ein anderer Vergleich fiel mir nicht ein. Und sie sprach ähnlich gepresst und mit fast geschlossenem Mund wie ihre Mutter.

Die Unterhaltung will ich nicht in Gänze wiedergeben, nur soviel: das Gespräch, also die Art und Weise wie es geführt wurde, war sehr anstrengend und ich wünschte mir den Flughafen sehnlichst herbei. Ich zog, aufgrund des Verkehrs, alle Ortskunde-Register und steuerte die beiden Eisenstangen, äh.. Damen, in 45 Minuten durch den abklingenden Berufsverkehr an den "Airport". Da, plötzlich, am Terminal 1 angekommen, verformte sich Mutter´s Gesicht doch noch zu einem Lächeln!

  • "..Sie sind ja ganz toll gefahren! Danke!!"


Was soll ich sagen? Beim Bezahlen zeigte sie tatsächlich noch ein "Herz für Taxifahrer". Das änderte aber nichts an der Tatsache, daß ich die anschließende Ruhe im Auto wieder sehr genoß..--))

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Eine Begebenheit ist auch noch zu erwähnen. Ebenfalls am Donnerstag holte ich einen Stammkunden ab, der in Hauptsache durch seine permanente Trunkenheit bei uns Fahrern gut bekannt ist. Aber trotzdem, er ist ein netter Kerl und nicht verkehrt. Man muß ihn und seinen Kumpel, der ab und an mitfährt, so nehmen und sich für die Zeit der Fahrt auf ihre rauhe Art der Unterhaltung einlassen. Nur so kann man bei den Beiden punkten und sie lassen sich auch nicht "lumpen", wenn´s ans Bezahlen geht.

Dieses Mal fuhr der Kunde aber alleine. Natürlich mit einem gewissen Promille-Pegel. Wir kamen auf irgendeinem Umweg auf Motorräder zu sprechen (meine Zeit liegt aber schon 15 Jahre zurück, seine erst 1 Jahr). Er erwähnte seine Frau, die dabei immer Angst hatte. Und dann:

  • "..Jetzt muß meine Frau keine Angst mehr haben.."


Ich ahnte etwas.

  • "..Warum?" fragte ich, weil ich die Bemerkung nicht übergehen konnte.

  • "Sie ist vor 2 Monaten gestorben."


Während er diesen Satz sprach ruckte sein Kopf nach rechts. Wahrscheinlich schämte er sich der Tränen, die ihm in die Augen schossen. Mir lief es auch etwas merkwürdig den Rücken runter. Die Situation ist auch nicht ganz alltäglich.

Ich versuchte, mich gefühlvoll dem Thema zu nähern, stellte vorsichtige Fragen nach dem Grund, usw. Er kam ins Reden und nach und nach verschwanden die Tränen aus seinen Augen. Als er ausstieg, lachte er schon wieder ein wenig.

Es blieb trotzdem bei mir eine merkwürdige Stimmung zurück. Ich kannte seine Frau schließlich auch seit Jahren, zumindest vom Sehen her.

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Und dann war da noch dieser sich andeutende Sonnenaufgang am gestrigen Freitag Morgen



Solche Momente sind für mich immer ein ganz besonderer Antrieb und sie belohnen mich für´s frühe Aufstehen.

Die negativen Erlebnisse in dieser Woche? Ach, vergessen wir´s einfach..--))

Kommentare

  1. Hallo Marco,

    ich liebe Deinen Blog und verfolge ihn seit geraumer Zeit. Jedes Mal zaubert er mir ein nettes Grinsen in mein Gesicht.Ich freue mich jetzt schon wieder auf Deinen nächsten Blog.

    Viele Grüße
    T.

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  2. Hallo "Tarzan"!
    Dein Kommentar macht dann meine Woche "komplett"..--)) Vielen Dank!

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