Opa´s Versteck

Es ist Sylvester. Mal wieder. Doch dieses Mal mischte ich mit - aber nur in der Tagschicht. Der Abend gehört meiner Familie und ins Taxi lasse ich lieber die anderen. Der Erlebnisse einer Nachtschicht würden sicher mehrere Blogs füllen, aber auch in der Tagschicht kann man - wie soll ich sagen? - "interessante" Dinge erleben, wobei das heutige Highlight eher unter die Rubrik "Ich-will-hier-weg!" fällt, als interessant gewesen zu sein.

Mit Ausnahme einer Dialysefahrt ereignete sich in den frühen Morgenstunden nicht viel. Erst gegen Mittag nahm die Nachfrage zu und so erwischte es mich mit einer Einkaufsfahrt. Sofern die Einkaufswünsche der Kunden nicht zu exclusiv sind, mache ich solche Fahrten gern. Man ist für sich, kauft ein, das Taxameter läuft und am Ende springt sehr oft auch noch ein nettes, angemessenes Trinkgeld raus.

Meine Einkaufstour führte ich mich zur Drogerie "Rossmann". Bestellt waren 4 Artikel:
  • Weißwein
  • Küchenrollen
  • Klopapier und 
  • Kaffee
Wenn man genau hinsieht, erkennt man in der Bestellung eine gewisse logische Reihenfolge in der Nutzung der Artikel. Aber darauf möchte ich hier nicht näher eingehen...

Der Besteller war ein älterer Herr aus einem Seniorenheim. Nennen wir ihn einfach "Otto". Das ist nicht so annonym und mit Sicherheit nicht sein richtiger Vorname.
Otto wohnt im 2. Stock der Anlage in seiner eigenen Wohnung. Mit der Einkaufstüte in der linken Hand und dem Klopapier (3-lagig!) unter der rechten Achsel marschierte ich vom Auto auf seinen Hauseingang zu. Ein Schild "Achtung elektrische Tür! Bitte Knopf drücken!" fiel mir sofort auf, aber einen Knopf konnte ich nicht entdecken.

Egal. Die Tür manuell geöffnet und ab in Aufzug. Das Stockwerk wurde angesagt und es gab sogar einen Hinweis, zu welcher Wohnung man nach Verlassen der Kabine nach links oder rechts abbiegen musste. Perfekt!

Otto´s Wohnung lag ganz am Ende des Ganges und beim Anblick des Türschlosses überkam mich eine Ahnung, was meine Kollege N. mir 10 Minuten vorher noch im Vorbeifahren zugerufen hatte:
  • "Aufpassen, der hat ´nen Knall!"
Die Tür war offensichtlich vor Kurzem aufgebrochen worden! Es fehlten große Stücke vom Holz und nur eine provisorische Einrichtung hielt sie verschlossen. Wer wohnte den DA?

Ich klingelte.

Die Tür wurde geöffnet und dahinter erschien ein etwas spärlich bekleideter älterer Mann im Rollstuhl.
  • "Komm´ rrrein!" rief er und machte die Tür frei. 
"Frei" ist wohl zuviel gesagt, denn dahinter lag alles mögliche, was man sonst vielleicht in Schränken und Regalen finden würde: Teller, Tüten, Hosen, Eimer und jede Menge Glassplitter!
  • "Denk´ bloß nicht, ich sein ein "Messie"!
Nein, niemals! Welche Bombe hatte denn hier eingeschlagen? Ich suchte mir einen Pfad durch das Ganze und stellte die Tüte und das Klopapier in die Küche. Die Luft roch abgestanden und bei meinem Blick auf die Matratze des - sollte das ein Bett sein? - Nachtlagers wurde mir langsam anders. Undefinierbare Flecken, meist in leichtem Braunton, verzierten den Stoff. 
Otto rollte heran und wollte wissen, was ich denn nun bekäme. Ich nannte ihm den Preis und er meinte: 
  • "Gut, sollst du haben. Und jetzt sieh her, wo ich mein Geld aufbewahre!"
Er griff zwischen seine Beine und holte aus dem vorderen Teil seiner Unterhose(!) ein Bündel Geld heraus... Brrrr.... 
  • "Ha! Hier ist es sicher. Da klaut es mir keiner!"
Das hätte ich ihm auch unbesehen geglaubt. Otto gab mir einen größeren Schein, den ich mit Fingerspitzen anfasste, nannte mir die Summe, die er zurück haben wollte und fing an, mich mit Geschichten voll zu labern. Da stand ich nun und mußte mir noch Krankengeschichten eines "Opas" anhören, dessen linke Gesichtshälfte voller Blutergüsse war und der in T-Shirt und knapper Unterhose vor mir im Rollstuhl saß. Das alles inmitten eines Messie-Chaos, das mal eine Wohnung war. Mahlzeit! 

Der Gedanke an der Aufbewahrungsort des Geldscheins lies mich nicht los. Kurzerhand fuhr ich zum nächsten Bäcker und legte ihn als Bezahlung hin..--)) Weg war er! 

Jedenfalls war diese Geschichte mal wieder eine Gelegenheit darüber nachzudenken, durch welche Hände (und Unterhosen) unser Geld seinen Weg nimmt! Ich weiß schon, warum ich nie ohne Desinfektionsmittel Taxi fahre..--)).     




 

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