Warum klingeln Sie nicht?

Freitag Vormittag. Der heutige Morgen ist mit dem gestrigen nicht zu vergleichen. Aufstehen 5.30 Uhr, Dusche, Kaffee, Müsli – topfit! Gut gelaunt hole ich um 7.00 Uhr die Autoschlüssel meines Lieblingsautos in der Zentrale. Mein Chef (was macht er so früh hier?) witzelt, ich sei wohl Beamter. Richtige Taxifahrer würden früher kommen. Scherzkeks. Dabei war er es, der mich für diese Zeit bestellt hatte..—))

Am Taxistand angekommen, war ich nicht alleine. Eigentlich waren alle da. Keiner fuhr. Da hätte ich ja noch eine Stunde schlafen können. Wir machten das Beste daraus, holten Kaffee, packten Brote aus und klönten über die vergangenen Tage und unsere Erlebnisse. Es war gemütlich. Die Sonne schien schon und der Kaffee war heiß und kräftig. So was gab´s früher im Büro nicht. Die Stimmung und die Sonne meine ich. Kaffee gab´s natürlich.

Vorbestellung für 10.45 Uhr zu einer alten Dame mit Gehwagen. Sie möchte einen Touran haben, da sie ihren Chopper nicht zusammen klappen will. Und in den Touran passt er aufrecht hinein.

Gegen 10.35 Uhr biege ich in ihre Straße ein, parke rückwärts in ein Parkbucht direkt vor ihrem Eingang. Im Rückspiegel sehe ich ein Mütterchen mit Gehwagen im Klönschnack mit ihrer Nachbarin. Gut, ich war ja zu früh dran, daher drängte ich nicht. Nach gut 5 Minuten machte ich mich durch Aussteigen bemerkbar. Die Nachbarin sah mich und fragte, ob ich für Frau XY da sei. Ja, natürlich. Frau XY fuhr hoch aus ihrer gebeugten Haltung und pfiff mich an, warum ich denn nichts gesagt hätte? Ich wollte nicht drängen, ausserdem war ich ja gut sichtbar vor ihr gestanden, gab ich zurück.

Sie hoppelte mit ihrem Wagen 2 Stufen zum Weg hinauf und begann von vorne. “Ja, warum KLINGELN sie denn nicht…???” – “Warum sollte ich? Sie standen doch hier vor mir!” Die Nachbarn, mittlerweile war noch ein Mann dazu gekommen, rollten mit den Augen.

Frau XY schnaufte nun zum Taxi, schimpfte weiter, brabbelte etwas von einer Klingel und ich brachte den Gehwagen stehend im Auto unter. Sollte es so sein. Nachdem sie ihr Palaver im Auto nicht beendete, fuhr ich ihr dazwischen: “Sie schnallen sich jetzt an, sonst fahren wir keinen Meter..!” – Kurze Ruhe, dann schaltete sie 2 Gänge zurück und zog ohne Murren den Gurt fest. Geht doch! Offenbar eine renitente Witwe, der man ab und an mal ein paar deutliche Worte sagen muß.

Zwei Stunden später, ein sportlicher End-60er neben mir. Auf dem Weg zum Flug nach Mallorca. Wir unterhielten uns gut und kamen auch auf den Beruf des Taxifahrers zu sprechen. Er habe von mehreren meiner Kollegen übereinstimmend gehört, sie würden aus  3 Hauptgründen diesen Job ausüben:

  • Eigenständigkeit (“Freiheit”)
  • Kein direkter Chef
  • Flexible Zeiteinteilung

Offenbar sind wir “Kutscher” alle irgendwie ähnlich geschnitzt. Freiheitsliebende Individualisten.

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